RisiCo
Die anhaltende Infektionsgefahr durch das neue Beta-Coronavirus SARS-CoV-2 als
Auslöser von
COVID-19
hat in vielen Ländern zu intensiven Diskussionen über zukünftige Nutzungsmöglichkeiten von
Innenräumen geführt. Dabei ist zu beachten, dass es in Innenräumen mit mehreren Personen immer
ein
Infektionsrisiko geben wird, da die Übertragung des Virus ohne die Nutzung einer im Alltag über
eine Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) hinausgehenden und damit für viele Tätigkeiten unzumutbaren
Schutzkleidung nicht ausgeschlossen werden kann.
Viren können ohne direkten Körperkontakt über drei Wege zwischen Personen übertragen werden:
- Kontaktflächen
- Tropfen
- Aerosole
Das diesem Tool zugrundeliegende Modell fokussiert sich auf die Übertragung von Viren durch
Aerosolpartikel, da dieser Übertragungsweg inzwischen als einer der
Hauptübertragungswege erachtet
wird, nicht durch einfache Maßnahmen unterbunden werden kann und für eine kritische Ausbreitung
von
Viren in geschlossenen Räumen verantwortlich ist. Bei einem Aerosol handelt es sich um ein
Trägergas
(hier Luft), in dem sehr kleine Partikel schweben, die beispielsweise durch die Atmung des
Menschen
entstehen können. Die Konzentration der mit Viren belasteten Aerosolpartikel kann direkt durch
die
Lüftung des Raums beeinflusst werden. Daher ist dieser Übertragungsweg für eine
sicherheitstechnische Bewertung von Innenräumen und Veranstaltungen in belüfteten Räumen von
besonderer Bedeutung.
Auf Basis der raumtechnischen Parameter kann hier ein
relatives Infektionsrisiko berechnet werden,
das sich zur Bewertung von räumlichen Situationen eignet. Dieses Modell wurde von Müller et al.
(2021)
[Paper]
entwickelt.
In der
zugehörigen Veröffentlichung werden alle Hintergründe des Modells erläutert. Um die hier
erzeugten
Ergebnisse gut einordnen zu können, wird an dieser Stelle empfohlen, die Veröffentlichung vor
der
Nutzung des Tools zu lesen.
Die Bestimmung des relativen Infektionsrisikos basiert auf einem einfachen Bilanzmodell, bei dem eine konstante Aerosolbelastung in Abhängigkeit raumtechnischer Parameter wie dem Raumvolumen , der Luftwechselrate und der Raumbelegung berechnet wird. Insgesamt ergibt sich das relative stationäre Infektionsrisiko entsprechend Gleichung (1) aus den Verhältnissen der mittleren abgegebenen Aerosolmenge, der mittleren Luftvolumenströme im Raum, der Anzahl an Anwesenden Personen, der jeweiligen (Ein-)Atemvolumenströme sowie der Aufenthaltsdauern zwischen Vergleichs- und Referenzumgebung. Für die Vergleichsräume kann ebenfalls der Einsatz eines Luftreinigers über den eingebrachten effektiven Volumenstrom berücksichtigt werden. Dabei ist zu beachten, dass Luftreiniger keinen Einfluss auf die CO2-Konzentration im Raum haben.
Die Aerosolkonzentration im Raum wird über die mittlere abgegebene Aerosolmenge einer Person anhand von Gleichung (2) bestimmt. Die Anwesenden werden dafür in zwei Gruppen ( und ) eingeteilt: Für jede Gruppe können neben der Anzahl an Personen die jeweiligen Atemvolumenströme in Abhängigkeit ihrer körperlichen Aktivität sowie die abgegebene Aerosolkonzentration abhängig von der Sprechaktivität (Sprechanteile und –lautstärke) angegeben werden. Als präventive Maßnahme kann weiterhin das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen über die Partikelrückhalterate berücksichtigt werden, welches sich zwar auf die ausgeatmete, nicht aber auf die eingeatmete Aerosolkonzentration auswirkt.
Das Risiko, sich durch die Aufnahme von Aerosolen zu infizieren, wird als linear abhängig von der Menge an eingeatmeten Aerosolen angenommen. Zur Berücksichtigung der eingeatmeten Aerosolmenge werden für die Atemvolumenströme bzw. in Gleichung (1) nachfolgend aus Konvention die Werte für Gruppe 2 eingesetzt. Das berechnete Infektionsrisiko wird somit immer aus Sicht der Personen in Gruppe 2 betrachtet!
Für die personenbezogenen Daten wird die Gesamtanzahl an Anwesenden Personen im Raum in zwei Gruppen eingeteilt, die sich hinsichtlich Anzahl, körperlicher und respiratorischer Aktivität sowie durch das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung unterscheiden können.
Das körperliche Aktivitätslevel der Personen äußert sich durch den Atemvolumenstrom. Je höher dieser ist, desto größer ist die Emission potentiell infizierter Aerosolpartikel, die an die Raumluft abgegeben wird. Ebenso erhöht sich durch den höheren Atemvolumenstrom die Menge eingeatmeter potentiell infizierter Aerosolpartikel.
Die respiratorische Aktivität äußert sich in der Partikelkonzentration der Atemluft und beeinflusst die Emission potentiell infizierter Aerosolpartikel zusätzlich zum Atemvolumenstrom. Das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung kann durch eine Partikelrückhalterate berücksichtigt werden, wodurch die Emission potentiell infizierter Aerosolpartikel reduziert wird. Typischerweise haben Stoffmasken eine Partikelrückhalterate von etwa 50%. Eine Filtration der eingeatmeten Luft wird vernachlässigt.
Die resultierenden Plots zeigen das relative Risiko für eine Variation der Parameter Luftwechselrate und Raumbelegung. Der Verlauf des relativen Risikos wird hier durch einen ampelfarbigen Verlauf dargestellt. Weiterhin sind in dem Diagramm Linien für konstante relative Risiken eingetragen (RR=0,5; RR=1; RR=2).
Durch die Aktivierung des Kästchens „Zeitaufgelöste Betrachtung“ können die zeitlichen Verläufe der CO2-Konzentrationen und der auf das Referenzszenario bezogenen relativen Aerosolbelastungen sowie die relativen Risiken der beiden Vergleichszenarien bei instationärer Betrachtung berechnet werden. In diesem Fall können instationäre Effekte, wie z. B. Aufkonzentrationseffekte in der Raumluft, betrachtet werden.
Durch die zusätzliche Aktivierung des Kästchens „Intervalllüftung“ können wechselnde Belüftungsintervalle für die instationäre Berechnung, wie z. B. bei regelmäßiger Fensterlüftung, eingestellt werden. Dabei können Dauer und Luftwechsel der jeweiligen Phase individuell eingestellt werden. Die Phase der natürlichen Infiltration entspricht dem Luftwechsel durch Undichtigkeiten in der Gebäudehülle bzw. dem Luftwechsel durch dauerhafte maschinelle Belüftung. In der Phase der aktiven Lüftung können erhöhte Luftwechsel durch kurzzeitige Fensterlüftung berücksichtigt werden.